Gedanken zur Religion


Wie viele Religions-"Wahrheiten" gibt es...?

 

Natürlich 2-1993: Ein Natur- Verständnis, das zum Himmel schreit....

 

Im tiefen Bewusstsein, dass es auch in den heutigen Kirchen Menschen gibt, die die Wahrheit bekunden und im wahrsten Sinne des Wortes Ebenbilder des lebendigen Christus sind, gratuliere ich der Natürlich Redaktion, wie Sie in Offenheit über die christlichen Kirchen - über die Irrlichter unserer Zeit -, über die Bibel und die darin von Menschen ausgesuchten und geschickt zusammengestellten Texte informiert!

Wir stehen heute vor einem hunderfältig gespaltenen Christentum, vor zahllosen Religionsgemeinschaften, die alle etwas anderes als Wahrheit verkünden, und von denen jede ihr Glaubensbekenntnis als die "wahre" Lehre Christi ausgibt. Die Bibel ist ein Buch geworden, in dem jeder die Beweise für seine besondere Lehre sucht und auch findet. Man hat bereits Mitte der dreißiger Jahre (1935) 206 verschiedene christliche Religionsgemeinschaften gezählt; alle unterscheiden sich in irgendeiner Glaubenslehre, und doch berufen sich alle auf das Neues Testament, um ihre abweichende (Irr-)Lehre zu beweisen. Heute haben wir mehr Bibelausgaben als Wörter im Neuen Testament: das muss Anlass zum Nachdenken geben.

Es kann nur eine Wahrheit geben. Entweder hat eine der vielen Religionsgemeinschaften die Wahrheit - und alle anderen sind im Irrtum - oder keine besitzt die Wahrheit. Am Ende gilt von allen Religionen ohne Ausnahme das Wort aus Goethes "Faust": In bunten Bildern wenig Klarheit, viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit!

Die verblüffend einfache Lehre von Christus: Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst - auch wenn der Nächste östlicher oder indischer Herkunft ist und einer anderen Religion angehört, denn Religionen sind Satzungen, Menschengebote und Menschen-lehren. Diese Lehre ist in den christlichen Kirchen schon seit über 1650 Jahren ausgelöscht! Ich meine, die wahre Religion ist eine Religion der tätigen Nächstenliebe, der Akzeptanz von Natur und ihrem Leben.

Die christlichen Lehren - und deren Religionen - habe ich studiert (auch die anderen Religionen); habe nachgeforscht! Nirgends habe ich so viel Täuschung erfahren wie in den heutigen christlichen Lehren, die mit der Lehre Christi nicht das Geringste zu tun haben. Ich nehme an, der denkende Leser weis, wie die Bibel zustande kam; auf welchem Konzil "was, wer, wie und wo" entschieden wurde; wieso das Evangelium des vollkommenen Lebens nicht in die Bibel integriert wurde und vieles mehr.

In Kürze: Wahres Christentum erforderte schon immer den Mut, abseits der geltenden Ansichten den Weg des eigenen Gewissens zu gehen - daran dürfte sich bis heute noch nichts geändert haben. Das Blut von Millionen ist im Namen des Christentums geflossen; bis zu 9 Millionen Opfer Andersdenkender wurden durch die christliche Kirche mittels Inquisition grausam massakriert! Die christliche Kirche war es, die im Bund mit der weltlichen Macht jeden vernichtete, der etwas anderes glaubte, als was das Papsttum ihm vorschrieb!

Es stellt sich die Frage, ob sich Christus in unseren christlichen Kirchen wohl fühlen würde, wenn Er wieder unter den Menschen wandelte. Die Rituale und Zeremonien, der Pomp und die Gewänder, Kerzen, das Gold und Silber, die abgestuften Rangordnung von Päpsten, Kardinälen, Erzbischöfen, Bischöfen, Kanonikern, Domherren, Pastoren, Pfarrern und anderen Geistlichen wären sicher von geringem Interesse für den einfachen Sohn Gottes, der "auf Erden nicht wußte, wohin Er sein Haupt legen sollte". Ich meine: Christus braucht keine Prälaten und Kirchenfürsten; Er braucht keinen "Stellvertreter", der in einem kugelsicheren "Papa mobil" durch die Schar seiner Anhänger fährt! Er braucht demütige Lehrer der Wahrheit und Vorbilder des geistigen Lebens; Menschen mit dem Willen zum Guten! Wer Recht leben will, der kann es in jeder Kirche (in jeder Religion), denn eine Hauptregel ist: Prüfe alles, und das Gute davon behaltet!

Die Kirche, die unter dem Gattungsnamen "protestantisch" zusammengefasst ist, zeichnet sich durch die Vielfalt ihrer Spaltungen aus; sie ist - je nachdem - großzügig, engherzig liberal, radikal und stets protestierend. Die römisch- katholische Kirche ist durch drei Dinge gekennzeichnet, die alle dem Geiste Christi widersprechen:

 

A: Eine äußerst materialistische Einstellung mit weltpolitischen Zielen.

 

B: Ein umfassendes, weitblickendes politisches Programm, das auf weltliche Macht, aber nicht auf das Wohl der kleinen Leute (unserer Mitmenschen) und der Natur abzielt.

 

C: Eine planmäßige Politik, durch welche die Masse der Gläubigen in intellektueller Unwissenheit gehalten wird. Die katholische Kirche verschanzt sich geschlossen gegen jeden Versuch, dem Volk eine neue und evolutive Präsentation (denken wir an Frauen-, Sklaven-, Kriegs- und Tierfragen) der Wahrheit zu bieten!

 

Wer nachforscht, weiß auch, aus welchem Lager die kriegerischen Verbrechen zurzeit in Jugoslawien kommen. Die einen Christen aus der Schweiz schicken Kleider und Nahrung nach Jugoslawien, die anderen Waffen und Munition! Ein Spiegel des heutigen Christentums?!

Christliche Theologie kann nichts anderes sein als Erforschung des Geistes Jesu aus den Taten und der bezeugten Lebensweise Jesu. Christentum ist nicht naiver, kritikloser Biblizismus; denn das Christentum Jesu war Schrift freies Urchristentum. Suchet und findet, und seid euch darüber klar, dass die Wahrheit nicht offen zutage liegt. Wer 2000 Jahre nach Jesu Leben und Wirken noch immer nach äußeren Zeichen und handfesten Beweisen ruft, verkennt das Wesen der Wahrheit, die für sich selbst steht und spricht. Unfehlbar ist nur die Wahrheit, die aus dem Wort fließt und nicht das Wort als Wort. Deshalb schließe ich die Thematik mit dem Satz: Die Wahrheit ist das Zeichen, und wer reinen Herzens ist, wird sie sehen..

 

Albrecht Lauener
CH-8804 Au Wädenswil
Im Februar 1993