Die Beziehung des Menschen zu den Tieren


 Wädenswiler Nachrichten, 21. Januar 1993

 

Die Beziehungen des Menschen zu den Tieren...!

 

Ertragen Sie harte Worte? Diese Worte konnten wir in der WN vom 14. ds lesen, aber auch; ...die Wahrheit klingt nicht immer hübsch und angenehm. Manchmal kann sie auch recht hart sein... usf.! Schauen wir doch für einen Augenblick der Wahrheit ins Gesicht!

 

Die WN verdient ein Kompliment mit ihrem „Tierli-Egge“! Bravo! Diese Rubrik zeugt von Takt und Ethik; von christlicher Ethik; oder; von Ethik aller Glaubensrichtungen, denn Christus liebt und anerkennt auch alle, die nicht Christen sind, denn sie haben ihr Verbindung zu ihren Religionsgründern, Buddha, Mohamed und anderen. Christus kümmert sich nicht darum, welchen Glauben wir haben, wenn das Ziel auf die Liebe zu  Gott und zur Menschheit ausgerichtet ist. Christus kennt keine religiösen Barrieren in seinem Bewusstsein; es ist Ihm gleich, zu welchem Glauben sich jemand bekennt; wer recht leben will, der kann es in jeder Religion; denn die Hauptregel ist: Prüfet alles und das Gute davon behaltet. Das ist Wahrheit!

 

Es ist doch wichtig zu wissen: Heute haben Tausende von Menschen eine schöne, bereichernde und enge Beziehung zu ihrem Haus- oder Stalltier. Für viele ist es ein treuer Kamerad, ein Tröster in der Not oder Einsamkeit, andere empfinden eine tiefe Dankbarkeit und Hochachtung für das, was es ihnen schenkt. Sie wissen, dass niemand den Wert dieser Freundschaft mit Geld aufwiegen kann. Die gefühlsmäßige und wissenschaftliche Wieder Entdeckung der Zuneigung und Liebe zu den Tieren und ihres Wertes für unsere Gesundheit ist möglicherweise für unser Jahrhundert entscheidend!

 

Durch den engen Kontakt mit uns Menschen entwickeln viele Tier Handlungen und Reaktionen, die nicht mehr rein instinktiver Natur sind – sie bringen Liebe und Aufmerksamkeit zum Ausdruck. Das zeigt, dass die Gedankenwelt sowie die ausstrahlenden Gefühle und Einstellungen von seiten des Tierhaltes einen großen Widerhall in der Instinktnatur des Tieres auslösen. Hier liegt auch die große Verantwortung von uns Menschen gegenüber den Tieren.

Wir dürfen uns in dem Masse als zivilisiert betrachten, wie wir Tiere verstehen und akzeptieren können als unsere Mitgeschöpfe. Unweigerlich gewinnt man Tiere lieb, wenn man mit ihnen vertraut wird, vorausgesetzt, man will sie nicht beherrschen. Noch nie habe ich gehört, dass sich Tierliebe in Tierhass verwandelt hat, aber von vielen Fällen, bei denen das Gegenteil eintrat.

In dieser Wahrheit müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen: Wenn wir die Schreie der von Menschen für Ernährungszwecke gequälten, für die Forschung missbrauchten Tiere hören müssten, wir ertrügen sie nicht...! Hier sehen wir das gestörte Verhältnis der Christen zum Tier! Dies, obwohl im Kapitel der Prediger (3; 18 bis 21), also in der Bibel, die Rolle des Tieres als Partner des Menschen längst vorweggenommen ist; ...denn das Geschick der Menschen ist gleich dem Geschick der Tiere... einen Odem haben sie beide. Der Mensch hat vor dem Tier keinen Vorzug. Denn alle gehen an einen Ort. Alle sind aus Staub geworden, und alle werden sie wieder zu Staub. Wer aber weiß, ob der Odem des Menschen emporsteigt, der Odem des Tieres aber hinabfährt zur Erde?"

In der Schöpfungsgeschichte (Moses 1; 24) spricht Gott: Die Erde bringe hervor lebende Wesen: Vieh, kriechende Tiere und Wild...! Den Menschen aber formte Gott einen Tag später nach Seinem Ebenbild. Er gibt ihm die Vollmacht, den Tieren Namen zu geben, sie anzusprechen, zu bannen und über sie zu herrschen. Doch damit wurde dem Menschen die Mitverantwortung für die Schöpfung aufgebunden. Hier müssten wir uns fragen; hat das Christentum versagt? „was wissen wir von den Tieren? Was wissen wir überhaupt von dem, was wir nicht selber sind, da wir schon dies nicht einmal wissen?“ fragte der französische Philosoph Michel de Montaigen. „Was erwarten wir von einer Religion, wenn wir das Mitleid mit den Tieren ausschließen?“

Schon Arthur Schopfenhauer hat geschrieben: „Das Mitleid ist die Grundlage jeder Moral!“ Streng menschlich gesehen scheint uns tatsächlich im Verhältnis zum Tier die Moral abhanden gekommen zu sein – wenn sie je da war! Wie weit trägt das Christentum dafür die Schuld?

Eine der vielen Zwiespältigkeiten gläubiger Christen hat Wilhelm Busch aufgeschrieben: „Ja, ich muss das Tier töten, um zu leben. Und das ist schlimm!“ Schon 1612 hat hatte Samuel Butler gefunden: „Der Mensch ist das einzige Tier, das mit den Opfern, die er zu essen beabsichtigt, so lange freund-schaftliche Beziehungen unterhält, bis er sie aufißt!“

In der Tat, Jesus hat vor 2000 Jahren wohl auch die Tierwelt in Seine Heilsbotschaft mit eingeschlossen, als Er sagte: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreaturen – Er sagte nichts von penetrantem Missionieren! (Mark 16; 15). Der Apostel Paulus gar sprach als Kommentar dazu (Röm. 8; 19) die unerhörten Worte: „Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes!“

Ich schließe diese Thematik mit den Worten von Leo Tolstoi: „Wenn der Mensch ernstlich und aufrichtig den moralischen Weg sucht, so ist das erste, wovon er sich abwenden muss, die Fleischnahrung... Vegetarismus gilt als Kriterium, an welchem wir erkennen können, ob das Streben des Menschen nach moralischer Vollkom-menheit echt und ernst gemeint ist! Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben“! Meine tiefe Überzeugung!

Das sind harte Wort, aber wahre...! Viel Besinnliches beim Nachdenken.


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Albrecht Lauener, Au Wädenswil ZH